Was muss man unbedingt in Hamburg gemacht haben? Ich würde sagen, man sollte unsere Sehenswürdigkeiten genauer unter die Lupe nehmen! Denn viele der berühmten Hamburger Sehenswürdigkeiten verbergen das ein oder andere Geheimnis. Hier gehen wir ihnen auf den Grund, für ein Sightseeing mit Tiefgang.
Inhalt:
- Der versteckte Innenhof der Speicherstadt
- Das Hamburger Rathaus und seine steinernen Botschafter:innen
- Die Alster und ihre privilegierten Schwäne
- Ein Stück Commonwealth auf dem Ohlsdorfer Friedhof
- Das mystische Leuchten der Elbphilharmonie
- Das "versunkene" Alte Hafenamt in der HafenCity
- Der verlassene Zirkus auf St. Pauli
- Die vier Ratten im Alten Elbtunnel
- Der nördlichste Weinberg Deutschlands im Hamburger Hafen
Der versteckte Innenhof der Speicherstadt
Unsere wunderschöne Speicherstadt ist vielleicht Hamburgs wichtigste Sehenswürdigkeit. Weltgrößtes Lagerhausensemble mitten in Hamburg und seit 2015 UNESCO Weltkulturerbe. Ab 1888 in prächtiger Backsteingotik auf dem Gelände des Hamburger Freihafens errichtet, bot sie Platz für wertvolles Stückgut in Form von Kaffee, Tee, Gewürzen, Kakaobohnen und Orientteppichen. Auf tausenden hölzernen Eichenpfählen thronen die Lagerhäuser bis heute.
Das Stückgut spielt heute nicht mehr die große Rolle, stattdessen finden wir in der Speicherstadt Museen, Cafés, loftartige Büros – und abseits vom Trubel einen versteckten Innenhof. Das ist etwas Besonderes, da die Speicherstadt nach holländischem Vorbild durchgehend von der Straßen- zur Wasserseite bebaut wurde, damit jeder Betrieb von Wasser oder von Land beliefert werden konnte. Innenhöfe sind nach diesem Konzept praktisch nicht vorgesehen.
Der äußert fotogene und schattige Innenhof befindet sich demnach nicht in einem Lager-, sondern einem Kontorhaus: dem Sandthorquaihof. Der kleine Innenhof besticht mit seinen malerischen Colonnadeneingänge und dem Aussichtpunkt mit Blick auf das Wandrahmsfleet.
Die Klassiker Stadtführung führt übrigens auch in die Speicherstadt und diesen schönen Innenhof.
So kommt man hin:
Metrobus 6 (Bei Sankt Annen), U1 (Meßberg), Google Maps
Das Hamburger Rathaus und seine steinernen Botschafter:innen
Ich sag, wie es ist: das Hamburger Rathaus ist das schönste Rathaus, das ich kenne. Doch der beeindruckende Bau von 1897 im Stil der Neorenaissance ist nicht nur schön anzusehen, sondern jedes Detail erzählt ein Stück von Hamburgs bewegter Geschichte. Die ausführliche Entstehungsgeschichte dieser Hamburger Sehenswürdigkeit bildet den feierlichen Abschluss meiner Klassiker Stadtführung.
Heute möchte ich euch auf ein besonderes Detail aufmerksam machen: die üppige Fassadengestaltung. Denn das Hamburger Rathaus, das mit seinen 647 "Zimmern" palastartige Dimensionen annimmt und sich somit nicht hinter Buckingham Palace verstecken muss, ist der Regierungssitz einer stolzen, aber bürgerlichen Stadt. Nachdem sich der letzte Herrscher, Graf Adolph IV von Schauenburg, ins Kloster zurückgezogen hat, wurde Hamburg von einflussreichen Kaufleuten und Handwerkern regiert.
Die alte Trennung aus bischöflicher Altstadt und gräfischer Neustadt war endgültig Vergangenheit und Hamburg wurde zur unabhängigen, freien Stadt. Bereits seit 1292 hatte der Hamburger Rat gesetzgebende Gewalt. Und diese besondere Freiheit der Bürger der Stadt wollte man in der Fassadengestaltung zum Ausdruck bringen.
Wer genau hinsieht, wird auf der ersten Balkonreihe Statuen von wichtigen Herrschern des alten deutschen Reichs erkennen. Eine Etage höher auf den Fenstergiebeln finden wir insgesamt 28 Steinbüsten, die bürgerliche Berufe darstellen.
Auf dem Foto zu sehen von links nach rechts: der Braumeister mit dem Bierfass im Gepäck, die Konditorin mit der Tortenplatte und der Schlachter mit dem Schweinekopf unterm Arm. Noch eine Etage höher sind kleine Engelsfiguren auf den Fenstern angebracht. Gefolgt von bedeutenden heiligen Schutzpatronen.
Diese Reihenfolge in der Fassade wurde absichlich so gewählt um aller Welt zu zeigen: in der Freien und Hansestadt stehen die Bürger über den Herrschern und über ihnen gibt es nur noch den frommen Glauben. Ein genauer Blick auf die vielen kleinen Details unseres Rathauses lohnt sich also immer und öffnet die ein oder anderen Augen.
So kommt man hin:
Diverse Buslinien (Rathausmarkt), U1, U2, U4, S1, S2, S3 (Jungfernstieg), U3 (Rathaus), Google Maps Rathausmarkt
Die Alster und ihre privilegierten Schwäne
Es kann einem Schwan wahrscheinlich nichts Besseres passieren, als in Hamburg aufzuwachsen. Denn unsere Schwäne sind nicht rein zufällig auf der Alster gelandet, sondern schwimmende, besonders geschützte Wahrzeichen. Und das kam so:
Im Mittelalter war die Schwanenzucht ein adliges Privileg. Hamburg, als unabhängige Stadt freier Bürger, hatte mit dem Adel nichts mehr am Hut und die stolzen Tiere fortan gezüchtet – sozusagen als Statussymbol für die Freiheit der Stadt.
Die Legende besagt, dass Hamburg unabhängig und wirtschaftlich erfolgreich sein wird, solange Schwäne auf der Alster schwimmen.
Bereits in historischen Aufzeichnungen aus dem 15. Jahrhundert ist dokumentiert, dass der Senat das Futter für die Schwäne bezahlt. Doch damit nicht genug, die "älteste Planstelle des Senats", der Schwanenvater, ist ein offizielles Amt im Hamburger Schwanenwesen und existiert seit 1647.
Kurz zuvor hat der Senat beschlossen, die Schwäne zu schützen: bis heute steht es unter Strafe, die Schwäne auf der Alster zu verletzen oder zu beleidigen.
Wenn es im Winter auf der Alster zu kalt wird, werden unsere 120 Schwäne von Schwanenvater Olaf Nieß in ihr beheiztes Winterquartier im Eppendorfer Mühlenteich gebracht. Erst wenn es im Frühjahr wieder wärmer wird, kehren die Schwäne mit großem Presserummel auf die Alster zurück. Das ist in Hamburg praktisch der inoffizielle Frühlingsanfang.
Also immer schön freundlich zu unseren Schwänen, den lebendigen Wahrzeichen. PS: Bitte auch nicht füttern, unsere Schwäne sind seit jeher bestens versorgt.
So kommt man hin:
Binnenalster und Außenalster, Google Maps
Ein Stück Commonwealth auf dem Ohlsdorfer Friedhof
Der 1877 eröffnete Ohlsdorfer Friedhof im Norden Hamburgs ist heute der größte Parkfriedhof der Welt. Es ist wahrscheinlich nicht die Hamburger Sehenswürdigkeit, die man besucht, wenn man zum allerersten Mal in der Stadt ist, aber diesen besonderen Ort sollte man sich unbedingt mal anschauen. Denn wie der Name Parkfriedhof schon sagt, ist es nicht nur ein Friedhof, sondern ein abwechslungsreicher, wunderschön idyllischer Park und mit seinen 389 Hektar die größte Grünfläche Hamburgs.
Der Ohlsdorfer Friedhof ist sogar noch größer als der Central Park in New York City und so begegnen sich hier Trauernde, Joggende, Naturfreund:innen und Fahrradausflügler gleichermaßen. Ganz so, wie es sich einst Friedhofsdirektor Wilhelm Cordes gewünscht hat: der überkonfessionelle Ohlsdorfer Parkfriedhof soll ein lebendiger Ort der Begegnung sein.
Seine Größe macht den Parkfriedhof aber auch zu einem etwas skurrilen Ort. So ist der Friedhof über 17km Straßennetz und zwei städtische Buslinien erschlossen. Mit dem Bus zur Kapelle und zurück – auf dem Ohlsdorfer Friedhof ist das kein Problem.
Der Ohlsdorfer Friedhof ist so weitläufig, dass man ihn eigentlich nicht in einem Besuch vollständig erfassen kann. Zumal sich in der abwechslungsreichen Landschaft zwischen Park, Wald und Wildblumenwiesen, Teichen und Wasserläufen so viele kunstvolle Gräber befinden, dass man alle paar Meter stoppt und Neues entdecken kann.
Weit im süd-östlichen Teil des Geländes gelangt man auf dem Ohlsdorfer Friedhof sogar auf britischen Boden. Denn hier befinden sich die sogenannten "Commonwealth War Graves", die britischen Soldatengräber aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg.
Das Land, auf dem der "Hamburg Cemetery" erbaut wurde, ist ein Geschenk der Stadt Hamburg an Großbritannien, so dass die britischen Soldaten in geweihtem britischen Boden begraben liegen. Die Anlage wird von Friedhofsarchitekten und -gärtnern der War Graves Commission nach strengem Protokoll angelegt und gepflegt. Man findet sogar "Geheimfächer" im Portal, in denen Besucherlisten hinterlegt sind.
Der Ohlsdorfer Friedhof ist praktisch eine Sehenswürdigkeit mit vielen, kleinen Sehenswürdigkeiten. Ein Ausflug nach Ohlsdorf ist besonders zur Rhododendronblüte beliebt oder wenn man einfach mal Ruhe im Grünen sucht.
So kommt man hin:
U1/S1 Ohlsdorf, Google Maps Ohlsdorfer Friedhof
Das mystische Leuchten der Elbphilharmonie
In der Liste der Hamburger Sehenswürdigkeiten darf die Elbphilharmonie natürlich nicht fehlen. Und vielleicht ist die Elphi sogar unsere Sehenswürdigkeit mit den meisten Geheimnissen - oder zumindest vielen kleinen, wichtigen Details. Von der aufwendigen Glasfassade, der 82m gebogenen Rolltreppe bis zum Innenausbau ist in dem Baukunstwerk der Architekten Herzog & de Meuron praktisch nichts von der Stange, kein architektonisches Detail ohne Bedeutung.
Unter all den durchdachten Sonderanfertigungen, die der Elbphilharmonie ihren besonderen Charakter verleihen, finde ich die Beleuchtung besonders interessant. Denn das Lichtkonzept der Elphi sieht vor, dass Hamburgs höchstes Wohnhaus (110m an der höchsten Spitze mit 44 Luxuswohnungen im vorderen Teil des Gebäudes) nicht von außen angestrahlt wird, sondern von innen glühen soll.
Für dieses besondere Glühen wurden Kugelleuchten aus Glas hergestellt, die wie lichtgefüllte Wasserblasen aus dem Gebäude aufsteigen. Diese Glaskugeln sind von "Glaspapst" Detlef Tanz erdacht worden, der wiederum jahrelang Betriebe rund um die Welt gesucht hat, die fähig sind, die filigranen Maßanfertigungen umsetzen zu können. Schlussendlich wurde er in einem Familienbetrieb in Novy Bor, Tschechien fündig, wo jede der 1250 Glaskugeln mundgeblasen wurde und seitdem dem Großen Saal der Elbphilharmonie seinen besonderen Glow verleihen.
Auch auf der Plaza, der öffentlichen Aussichtsplattform der Elbphilharmonie, sind die Kugelleuchten zu finden. Hier allerdings aus Kunststoff, doch kunstvoll angeordnet in organischen Clustern, was an Gischt erinnern soll, das auf den Meeren schwimmt.
Ein Besuch auf der Elphi-Plaza in den Abendstunden lohnt sich also besonders, um das mystische Leuchten live zu erleben.
So kommt man hin:
U3 (Baumwall), Fähre 72 (Elbphiharmonie) , Google Maps Elbphilharmonie
Das "versunkene" Alte Hafenamt in der HafenCity
Die HafenCity als Hamburgs Jahrhundertprojekt der Stadtentwicklung ist per se eine Sehenswürdigkeit, nicht nur für Architekturfans. Nur ein Katzensprung von der Elphi entfernt, finden wir in Hamburgs neuestem Stadtteil tatsächlich noch Spuren der Vergangenheit: das Alte Hafenamt.
Zwischen monströsen Baugruben und moderner Architektur soweit das Auge reicht, wirkt das denkmalgeschützte ehemalige "Amt für Strom und Hafenbau" mit seiner neugotischen Backsteinarchitektur von 1885 fast wie ein Alien. Ist es eigentlich auch, denn es ist das einzige Gebäude im heutigen Überseequartier der HafenCity, das die Abrissarbeiten der ehemaligen Freihafen-Anlagen überlebt hat.
Ich nenne es das "versunkene" Hafenamt, weil man hier so gut wie nirgendwo sonst erkennen kann, wie stark das Areal aufgeschüttet werden musste, um das Neubaugebiet hochwassersicher zu machen. Während das heutige Gelände der HafenCity ca. 9 Meter über Normalnull liegt, liegt das Alte Hafenamt noch auf historischen 5,30 Metern Normalnull.
Heute beherbergt das kernsanierte Alte Hafenamt nicht nur ein 25hours Hotel, sondern auch das Restaurant NENI und die Boilerman Bar.
So ist das "versunkene" Hafenamt ein schöner Ort geworden, um selbst zu versinken - entweder in den israelischen Spezialitäten, den kühlen Drinks oder den bequemen Betten des Hotels.
So kommt man hin:
U4 (Überseequartier), Metrobus 6 (Bei St. Annen), Google Maps Altes Hafenamt
Der verlassene Zirkus auf St. Pauli
Diesen "Lost Place" finden wir mitten in Hamburg, zwischen Schanze und Kiez. Es handelt sich um die Schilleroper und wie man schon von außen erkennen kann, hat dieses Haus eine bewegte Geschichte hinter sich. Denn ursprünglich handelt es sich bei dem Gebäude nicht um eine Oper, sondern um einen Zirkus.
1891 ist hier die Zirkusfamilie Busch eingezogen. Die runde Manege lässt sich noch heute gut erkennen, über die sog. Laterne auf dem Dach drang Tageslicht ins Innere. In Anbauten rundherum befanden sich Tierkäfige und Artistenunterkünfte. Sogar Elefantenställe hat es hier gegeben. Aber nur bis 1899, dann ist der Zirkus ein paar hundert Meter weiter Richtung Reeperbahn gezogen. Noch heute gibt es auf St. Pauli den entsprechenden Zirkusweg, wo inzwischen Bürotürme stehen.
Nach dem Auszug des Zirkus wurde die Manege in ein Theater umgebaut, zum hundertsten Todestag Schillers 1905 wiedereröffnet und hieß fortan Schiller-Theater. Ende der 1920er Jahre geriet der Betrieb in finanzielle Schieflage und wurde 1932 zur Schilleroper umgebaut und vom Naziregime 1939 geschlossen mit der Begründung es fehle ein Luftschutzkeller.
Über die Jahrzehnte wurde der ehemals fröhliche Ort zum Gefängnis für italienische Kriegsgefangene, Motelabsteige, Lagerhalle, Wohnungslosenunterkunft und in den 1990er Jahren zum politischen Skandalfall: für 1,5 Millionen DM wurden die heruntergekommenen Motelanlagen zur Unterbringung von Flüchtlingen angemietet. Ohne Heizung, ohne gescheite Sanitäranlagen, dafür mit Rattenbefall mussten die Asylsuchenden menschenunwürdig hausen – während nebenan im ehemaligen Foyer ein Restaurant eingezogen war.
Mitte der 2000er Jahre wurde nur noch der Vorbau der Schilleroper als Location für den gleichnamigen subkulturellen Club genutzt. Seit 2006 ist der gesamte Komplex verlassen und eine Ruine mitten im Wohngebiet.
Warum passiert hier so lange nichts, mitten in Toplage? Investoren geben sich die Klinke in die Hand, doch seit 2013 steht der besondere Zirkusbau unter Denkmalschutz. Beziehungsweise seine historische Stahlkonstruktion von 1891. Das Stahlgestell mit 30 Metern Durchmesser ist das älteste noch vorhandene im ganzen Land und eines der wenigen Beispiele für die frühe Industrialisierung in Deutschland.
Seit 2014 sah es lange danach aus, als ob die aktuelle Projektentwicklungs GmbH das erworbene Denkmal einstürzen lassen statt sanieren will. Doch nach jahrelangem Anwohnerprotest, Bezirks- und Denkmalschutzdiskurs tut sich was: die umliegenden Bauten werden abgerissen und die denkmalgeschützte Rotunde freigelegt und dann angeblich Wohnraum für ältere Menschen geschaffen. Wir dürfen gespannt bleiben.
So lange es diesen bewegten Ort in Hamburg gibt, schauen wir ihn uns regelmäßig auf der Insider Tour an.
So kommt man hin:
U3 (Feldstraße), Metrobus 3 (Neuer Pferdemarkt), Google Maps Schilleroper
Die vier Ratten im Alten Elbtunnel
Bildnachweis Julia Solonina on Unsplash
Auch unser St. Pauli Elbtunnel (Alter Elbtunnel) steht unter Denkmalschutz. Doch nicht nur das: der erste Unterwassertunnel Europas und der älteste Tunnel seiner Art, der bis heute in Betrieb ist, trägt seit 2011 die stolze Auszeichnung "Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland". Quasi eine Würdigung zum 100. Geburtstag, denn das technische Wunderwerk wurde bereits 1911 nach nur vier Jahren Bauzeit eröffnet und ist seitdem Nonstop in Betrieb.
Der Tunnel wurde nötig, als zur Jahrhundertwende die Werften südlich der Elbe boomten. Denn die Arbeiter wohnten meist nördlich auf St. Pauli und hatten nur die kleinen Barkassenboote als Verbindung über die Elbe. Als mit jedem Schichtwechsel mehrmals täglich 25.000 Arbeiter die Elbseite wechseln mussten, waren die Kapazitäten längst erschöpft und die einlaufenden Handelsschiffe standen zur Rush Hour auf der Elbe im Stau. In der Handelsstadt Hamburg natürlich ein No-Go.
Mit dem Tunnel, dessen zwei Röhren im Druckluft-Schildvortriebverfahren gegraben und dann mit Gusseisenringen befestigt wurden, war es plötzlich tausenden Arbeitern, aber auch Pferdekutschen möglich, wetterfest die Elbe zu unterqueren. Die abenteuerlichen Überfahrten bei stürmischem Wetter gehörten der Vergangenheit an.
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Warum ist Hamburg so aufgeregt über einen Tunnel, kann man sich jetzt fragen. Das liegt neben der technischen Meisterleistung auch an der Gestaltung. Mitten in der Kaiserzeit geplant und gebaut ist der Alte Elbtunnel nicht einfach nur eine öde Röhre, sondern ein mit glänzenden Kacheln und aufwendigen Zierelementen ausgestattetes Gesamtkunstwerk in 24 Metern Tiefe.
Ein besonders auffälliges Zierelement sind die Majolikareliefs, die in beiden Röhren alle paar Meter die Wände schmücken. Sie thematisieren das maritime Leben in der Elbe und zeigen Fische, Flundern, Seesterne, Robben, Krebse... aber auch vier Ratten, die an einem Gummistiefel knabbern.
Wenn man mit dem Fahrrad durch den Tunnel braust oder nicht genau hinsieht, fällt einem dieses merkwürdige Motiv gar nicht auf. Es ist aber eine kleine Besonderheit, denn während die anderen Reliefs einfach nur dekorative Funktion haben, wollte man mit den Ratten am Gummistiefel die Menschen ermahnen, nicht allen Müll in die Elbe zu kippen.
Der Alte Elbtunnel ist übrigens der Startpunkt meiner Klassiker Tour und ein gutes Beispiel dafür, dass zumindest Umweltbewusstsein schon 1911 ein Thema gewesen ist.
So kommt man hin:
U3 (Landungbrücken), S1, S2, S3 (Landungsbrücken), Fähre 61, 62, 72, 73 (Landungsbrücken) Google Maps St. Pauli Elbtunnel
Der nördlichste Weinberg Deutschlands im Hamburger Hafen
Vis-à-vis zum Alten Elbtunnel liegt oberhalb der U- und S-Bahn-Station Landungsbrücken ein kleiner Hügel: der Stintfang. Deutschlandweit bekannt vor allem wegen der gleichnamigen Jugendherberge, historisch bedeutsam als Teil der ehemaligen Wallanlagen. Und just unterhalb der Jugendherberge am Hang wächst mit bestem Hafenblick ein ganz besonderer Wein.
Man sieht schon an der Fläche, dass es sich nicht um riesige Erträge handeln kann. Manchmal werden die Reben auch geplündert, so dass erst gar keine Lese möglich ist. Wenn es aber dazu kommt, wirft der Stintfang überschaubare 50 Flaschen "Stintfang Cuvée" ab. Diese Raritäten werden von der Stadt an ausgewählte Gäste verschenkt.
Den angeblich kleinsten und nördlichsten Weinberg Deutschlands hat Hamburg seinerzeit übrigens selbst als Gastgeschenk erhalten. Die Organisatoren vom Stuttgarter Weinfest brachten die Reben in den Norden. 2019 musste der Weinberg im Zuge der Sanierung der Station Landungsbrücken abgeholzt werden. Es wird aber wieder neuer Wein angepflanzt.
So kommt man hin:
U3 (Landungbrücken), S1, S2, S3 (Landungsbrücken), Fähre 61, 62, 72, 73 (Landungsbrücken) Google Maps Landungsbrücken